FAQs zur Forschung seit 2003
In einer Nebenbestimmung der Betriebsgenehmigung des FRM II von 2003 heißt es, dass diese Umrüstung bis Ende 2010 zu erfolgen habe, vorausgesetzt ein geeigneter Brennstoff wäre vorhanden. Nur mittels eines geeigneten, dichteren, Brennstoffs kann im bestehenden Brennelement und bei gleicher thermischer Leistung des FRM II die Anreicherung des spaltbaren Urans auf unter 50 % abgesenkt werden. Diese Umrüstung konnte nicht im vorgesehenen Zeitrahmen stattfinden, da die notwendige Voraussetzung - ein geeigneter, qualifizierter und dichterer Brennstoff - nicht erfüllt war.
Weltweit haben bisher über 70 Reaktoren umgerüstet. In Deutschland wurden bereits zwei Reaktoren erfolgreich auf LEU umgerüstet: BER 2 (1997 – 2000) und DIDO (2004). Beide sind bereits außer Betrieb. (Stand: 2022)
Bis heute wurde noch keine Hochleistungs-Forschungs-Neutronenquelle erfolgreich umgerüstet. Weltweit sind folgende Hochleistungs-Forschungsreaktoren und Neutronenquellen mit HEU in Betrieb:
Name | Reaktortyp | Land | Erstkritikalität | Therm. Leistung | Brennstoff | Anreicherung |
FRM II | Strahlrohr | Deutschland | 2004 | 20 MW | U3Si2/Al | 93% |
RHF | Strahlrohr | Frankreich | 1971 | 58,3 MW | UAlx/Al | 93% |
BR2 | MTR* | Belgien | 1961 | 100 MW | UAlx/Al | 93% |
MITR | Strahlrohr | USA | 1958 | 6 MW | UAlx/Al | 93% |
NBSR | Strahlrohr | USA | 1967 | 20 MW | UO2/Al | 93% |
MURR | Strahlrohr | USA | 1966 | 10 MW | UAlx/Al | 93% |
ATR | MTR | USA | 1967 | 250 MW | UAlx/Al | 93% |
HFIR | Strahlrohr | USA | 1965 | 100 MW | U3O8/Al | 93% |
*) Materialtestreaktor
Die TUM forscht im europäischen Verbund „HERACLES“ gemeinsam mit Partnern aus Frankreich und Belgien. Auch die USA betreiben sehr großen Forschungsaufwand, wobei sich die Forschergruppen beider Kontinente intensiv über die Ergebnisse austauschen. Ferner steht die TUM in regem Austausch mit Partnern in Korea. Weltweit werden derzeit noch einige Forschungsreaktoren (außerhalb Russlands) mit HEU betrieben. Für mehr als ein Dutzend dieser leistungsfähigen Forschungsreaktoren gibt es noch keinen hochdichten Brennstoff, um sie auf niedrigere Anreicherung umzurüsten. Etwa die Hälfte dieser noch nicht umrüstbaren Forschungsreaktoren steht in den USA.
Unmittelbar nachdem die Betriebsgenehmigung im Jahr 2003 erteilt wurde, hat eine Arbeitsgruppe der TUM mit der Erforschung hochdichter Uranbrennstoffe begonnen. Sie untersucht derzeit zwei mögliche Brennstoffe aus Uranmolybdän: einmal U-Mo-Pulver vermischt mit Aluminium (dispers) und einmal als durchgehende Platte (monolithisch). Ferner wird an einer weiteren Verdichtung des aktuellen Brennstoffs U3Si2 gearbeitet. In allen Fällen ist die eigentliche Brennstoffzone noch in einer Art Bilderrahmen aus Aluminium eingefasst. Die Test-Bestrahlungen der gefertigten Brennstoffplatten erfolgen in sogenannten Materialtest-Reaktoren in Europa und den USA.
Zusammen mit den Betreibern der Hochleistungsforschungsreaktoren in Europa (SCK-CEN, ILL und CEA) und dem Brennelement-Hersteller Framatome-CERCA forscht die TUM in der Kooperation HERACLES an allen drei Lösungen. Dies erfolgt in enger Abstimmung mit Partnern aus den USA und Korea.
Einen zweistelligen Millionenbetrag, dessen Finanzierung sich die Bundesrepublik Deutschland und das Land Bayern teilen.
FAQs zu den Brennstoffkandidaten
Ja, in Kooperation mit internationalen Partnern u. a. im HERACLES-Konsortium untersucht die Forschungsgruppe am FRM II alle drei Brennstoffkandidaten:
neben dem monolithischen U-Mo-Brennstoff, welcher als einziger ein LEU-Brennelement am FRM II ermöglicht, sind das auch disperses U-Mo und hochdichtes Uransilizid (U3Si2).
Der Zeitplan ist unabhängig davon, welcher der drei Brennstoffkandidaten ausgewählt wird. Einen Genehmigungsprozess sowie umfangreiche Bestrahlungstests müssen alle drei Kandidaten durchlaufen. Die benötigte Zeit für die Schaffung einer industriellen Fertigungskapazität bei Framatome-CERCA ist ebenfalls von der gewählten Materialvariante unabhängig.
Zwar ist jeder Forschungsreaktor und damit auch jedes Brennelement für den jeweiligen Reaktor verschieden, jedoch wird durch die Forschungsarbeit der TUM, und durch den Genehmigungsprozess den ein neuer Brennstoff in Deutschland durchläuft, auch eine Qualifizierung des Brennstoffs in anderen Ländern und für andere Hochfluss-Neutronenquellen einfacher.
FAQs zur Umrüstung "Von HEU zu LEU"
Zur Kompensation der niedrigeren Anreicherung muss das spaltbare Uran physikalisch dichter gepackt werden, um den Nutzerinnen und Nutzern weiterhin Neutronen ohne unverhältnismäßige Einbußen bereitstellen zu können. Ein solcher Brennstoff ist derzeit weltweit nicht verfügbar und muss nach seiner Entwicklung für den Einsatz am FRM II qualifiziert werden. Alleine am FRM II erforscht eine zwanzigköpfige Forschungsgruppe dafür mögliche Brennstoffe und Einsatzszenarien. Das geschieht unter anderem in einem europäischen Forschungsverbund, der von der EU mit über 10 Millionen Euro gefördert wird. Zudem gibt es eine enge Zusammenarbeit mit den USA, denn allein in den USA sollen fünf Hochflussreaktoren umgerüstet werden.
Als die Vereinbarung über die Umrüstung im Jahr 2003 für den FRM II zwischen Bund und dem Land Bayern in Kraft trat, erschien damals international der pulverförmige Uranmolybdän-Brennstoff ein vielversprechender Kandidat für die Brennstoffentwicklung. Diese Hoffnungen wurden erstmals Ende 2004 enttäuscht, als einige Testplatten dieses Brennstoffes bei Testbestrahlungen in Testreaktoren in den USA und in Europa anschwollen und aufplatzten. Darauf erfolgte metallurgische Verbesserungen des Brennstoffs erwiesen sich wiederum in Testbestrahlungen um 2013 als noch nicht hinreichend für eine atomrechtliche Genehmigung.
Nun werden weltweit mit weiter verbesserten Fertigungstechniken hergestellte, neue Platten aus verändertem Material getestet. Siehe auch: Dauer einer typischen Testbestrahlung
Aufgrund der hohen Kosten, die mit einem Bestrahlungstest verbunden sind, werden die Tests seriell ausgeführt.
Die französische Herstellerfirma der jetzigen Brennelemente für den FRM II, Framatome-CERCA, steht für die bevorstehende Umrüstung des FRM II als Fertigungspartner bereit und hat signalisiert, dass die Fertigung der neuen geplanten LEU-Brennelemente grundsätzlich möglich ist.
Erstmals gibt es nun reaktorphysikalische Berechnungen, die zeigen dass ein Betrieb der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) mit einem niedrig angereichertem Brennstoff (LEU, < 20 % Uran-235-Anreicherung) theoretisch möglich ist. Das bisherige FRM II-Brennelement enthält Uran-235 mit einer Anreicherung von bis zu 93 %, das als hoch angereichertes Uran, highly enriched uranium (HEU), bezeichnet wird.
Der einzige Brennstoff, der nun eine Umrüstung auf unter 20 % Anreicherung von Uran-235 ermöglicht, ist monolithisches U-Mo. Er ist neben zwei anderen Brennstoffen ein möglicher Kandidat für die Umrüstung des FRM II, wird aber auf Grund der höchsten Urandichte und damit der niedrigst-möglichen erreichbaren Anreicherung von der TUM favorisiert.
Eine der Voraussetzungen der Umrüstung ist es, dass die äußere Geometrie der Brennelemente unverändert bleibt und so einen kosten- und zeitintensiven Umbau im Reaktorbecken erspart.
Der Neutronenfluss eines LEU-Brennelements am FRM II wird maximal gemittelt über alle wissenschaftlichen Instrumente maximal 10 % niedriger sein als beim jetzigen HEU-Brennelement. Das ist auch eine der Voraussetzungen für die Umrüstung auf niedriger angereichertes Uran: Der FRM II wird weiterhin eine Hochfluss-Neutronenquelle sein und Spitzenforschung mit Neutronen ermöglichen.
Von einem frischen Brennelement, gleich ob aus LEU oder HEU, geht keine Gefährdung für Menschen aus. Es ist nur sehr schwach radioaktiv und sendet fast ausschließlich leicht abschirmbare α-Strahlung aus. Benutzte Brennelemente sind auf Grund der erzeugten Spaltprodukte hochradioaktiv und bedürfen selbst langfristig besonderer Abschirmmaßnahmen. Die radioaktive Strahlung eines abgebrannten hochangereicherten Brennelements rührt im Wesentlichen von den Spaltprodukten mit einer langfristig dominierenden Zerfallszeit von 30 Jahren. Ein abgebranntes niedrig angereichertes Brennelement enthält wesentliche höhere Mengen an Plutonium mit einer langfristig dominierenden Zerfallszeit von 24.000 Jahren. Deshalb ist die radioaktive Bürde eines ursprünglichen HEU-Brennelements deutlich geringer.